Anis ist eine altbekannte Heilpflanze aus dem mediterranen Raum, schon zu früheren Zeiten genutzt von den Ägyptern, Griechen und Römern bei Beschwerden der Verdauung und des Bronchialtraktes. Pythagoras, Heraklit von Ephesus und Plinius erwähnen Anis in ihren Schriften. Im Mittelalter wurde Anis medizinisch zu den sogenannten trockenen und heißen Heilpflanzen gezählt, womit solche gemeint sind, die Verdauungsbeschwerden kurieren und das Schwitzen fördern.
Der frühere arabische Name für Anis lautete „Anysum“, aus dem später im Griechischen „Anison“ oder „Anneson“ und im Lateinischen „Anisum“ wurde. Die Bedeutung des Wortes im Arabischen meint so viel wie „freundlich“, „gesellig“ oder „herzlich“. Der im Mittelalter gebräuchlichere Name „Pimpinella“ ist aus dem Lateinischen abgeleitet worden für „dipinella“ und meint zweifach gefiedert oder zwei-gefiedert, in Anlehnung an die Blattform der blättrigen Pflanzenteile. Anis ist ursprünglich beheimatet in Ägypten, Griechenland, Kreta und Kleinasien. In Mitteleuropa wurde die Pflanze bereits im Mittelalter verwendet. Bei den Griechen war Anis vielerorts als Wundermedizin „Theriak“ gebräuchlich.
Die Pflanze ist in der Regel genügsam und gedeiht auf kargen und sogar trockenen Böden im starken Infrarotlicht der Sommersonne, um ihre kleinen sichelförmigen Samen heranreifen zu lassen. Ihre wunderschön geformter „umbrella“ oder Blütenschirm (daher auch der Name „umbellifera“) ermöglicht den Samen, sich vollkommen der Sonnenhitze und dem kühlenden Einfluss von Mond und Sternen auszuliefern. Das aus der Pflanze gewonnene Öl wird vor allem in Ungarn, Spanien, Ägypten und in der Türkei destilliert.
Ihr „hemisphärisches Pendant“ ist der Stern-Anis (Illicium verum), der wild in Vietnam und Südchina wächst. Der warme und süße anis-spezifische Duft des destillierten Öls, das aus den sonnengebräunten sternartigen Fruchtkörpern gewonnen wird, entfacht seine stechende Eigenschaft erst, wenn es mit der Zunge aufgenommen wird.
Mit seinem biochemischen Hauptbestandteil trans-Anethol, einem floralen Ether, entwickelt es zum menschlichen neuro-muskulären System eine natürliche Affinität. In Verbindung mit Trägerölen wie Haselnuss- oder Walnussöl entfaltet es hervorragende spasmolytische und analgetische Eigenschaften. Es löst Verkrampfungen im Bereich von Muskeln, Bronchien, Solarplexus, Verdauungsapparat und Gebärmutter. In Verbindung mit Wintergrün, tropischem Basilikum, Lorbeer, Pfefferminz und Eukalyptus citriodora-Öl ist es ein hervorragendes Mittel gegen Lumbago und Ischias- Schmerzen.
Wenn wir bedenken, dass körperlicher Schmerz sehr oft mit dem Element der Luft im Körper verknüpft ist, wodurch Druck auf Nerven und feinere Gewebeanteile ausgeübt wird, verstehen wir leichter, dass eine natürliche Linderung derartiger Schmerzen durch das Element „Raum“ geschieht. Raum verstärken (Ayurveda „akasha“) bedeutet, dass die kontrahierten Kanäle geöffnet werden, damit subtilere Energie das System durchströmen kann. Die Ether-Bestandteile (hier: das trans-Anethol) besitzen diese ausgezeichnete Fähigkeit, den energetischen Fluss in unserer Physiologie zu korrigieren, indem sie sie natürliche Tendenz zur Verkrampfung innerhalb des „Schmerzkörpers“ angesichts von Stress, Erschöpfung, Schocks und anderen Formen von Ungleichgewicht lösen. In diesem Zusammenhang sollte man nicht übersehen, dass im Ayurveda Stern-Anis-Öl als ein wirksames Mittel zur Behandlung rheumatischer Schmerzen gilt.
Der Ausdruck der Präsenz dieses „Akasha“ Elements ist deutlich sichtbar im Anis in Gestalt seiner eigenen Signatur als „Luftigkeit“. Man kann sagen, dass Anis (wie auch der Fenchel) sich dem Raum entgegen strecken, indem sie sich im Dienste unseres Wohlbefinden gleichermaßen von den erdgebundenen Materie-Feldern lösen im Sinne eines Zugangs zu höheren Energien.
Anis-Öl ist verdauungsfördernd aufgrund seines wärmenden und beruhigenden Charakters
Nach dem Ayurveda ist es außerdem ganz und gar Agni (Feuer) oder Sonnenhitze, um eine träge Verdauung zu befeuern und Stoffwechsel-Funktionen anzuregen. In dieser Hinsicht hilft Stern-Anis gegen Ansammlung von Schleim, die sich dem Ungleichgewicht des Kapha dosha (Körper-Typologie des „Schweren“) in den Eingeweiden verdankt. Es stimuliert unser Verlangen nach Nahrung, reinigt den Verdauungsvorgang von Keimen und wirkt Gärung und Blähsucht entgegen. Außerdem stärkt es die Funktion unserer Bauchspeicheldrüse. Gemäß der Anthroposophie entspannt und reguliert Anis die Motorik des Verdauungstrakts.
Als „Förderer“ im Verdauungsprozess wundert es nicht, dass Anis traditionell in der Küche verwendet wird für Gebäck, speziell als Würzmittel in Plätzchen, Keksen, Pralinen, Lebkuchen etc. In einem gewissen Sinne wirkt Anis als „würzige Süße gegen das Süße“, denn nach dem Ayurveda sind Nahrungsmittel von süßem Geschmack am schwersten zu verdauen, und die heiß-süße Note des Anis fördert genau das. Nicht nur fügt es vielen Rezepten einen warmen angenehmen Geschmack bei, sondern als natürlicher „Stoffwechsler“ schließt er Nahrungsbestandteile wie Fette und Zucker schnell auf. An Alkohol gebunden, wird Anis im mediterranen Raum zahlreichen Getränken hinzugefügt, wie dem südfranzösischen Pastis, dem griechischen Ouzo, dem türkischen Rake, allesamt bekannt wegen ihrer verdauungsfördernden Eigenschaften. Dank seiner antiseptischen und windtreibenden Wirkung ist Anis auch ein ausgezeichnetes Gegenmittel bei üblem Körper- und Mundgeruch. Selbst in gewissen Düften im Bereich von Toiletten-Hygiene und Parfums, wie z.B. Yohji Homme und Rezepten von Kölnisch Wasser hat Anis als wichtiger Bestandteil Eingang gefunden. Einige Forschungen belegen, dass Anethol (oder trans-Anethol), der aktive Bestandteil im Anis-Samen, Blutzuckerwerte in Begleitung einer gesunden Diät stabil zu halten vermag. In einem 45 Tage-Test bei diabetes-erkrankten Ratten halfen Anethol den hohen Blutzucker zu reduzieren durch den Wirkeinfluss auf Werte gewisser Schlüssel-Enzyme. Anethol verstärkt auch die Funktion der Pankreas-Zellen, die Insulin produzieren. Ein anderer Tierstudie belegt, dass Anethol die Blutzuckerwerte bei Ratten mit Diabetes verbessert.“ https://www.healthline.com/nutrition/anise
Darüber hinaus sind positive Wirkungen des Anis im Rahmen der Behandlung von Magenulzera breit dokumentiert. Obwohl die allopathische Herangehensweise darauf abzielt, Mittel zur Hemmung der Magensäure-Produktion einzusetzen, zeigen einige Studienergebnisse, „dass Anissamen möglicherweise Magenulzera vorbeugen und Symptome zu reduzieren vermögen. Aus einer Studie im Rahmen von Tierversuchen geht z.B. hervor, dass Anis die Sekretion von Magensäure reduziert und somit hilft bei der Prävention von Magengeschwüren und dem Aufbau von Zellschutz.“ https://www.healthline.com/nutrition/anise
Anis-Öl ist auch ein mächtiger phyto-hormoneller Unterstützer
Die Volksmedizin kennt seine Vorzüge für das weibliche Geschlecht und preist die milchfördernden Eigenschaften der Anissamen. Im Mittelalter wurde Frauen, die nicht genügend Milch produzierten, das Kauen von Anis-Samen empfohlen oder die Samen in Milch einzuweichen, um dann die Mischung vor dem Stillen zu trinken. Mit Umsicht genutzt, besitzt Anis-Öl mit seinen phyto-östrogenen Eigenschaften außergewöhnliche Fähigkeiten zur Regulierung des weiblichen Zyklus im Zusammenhang prämenstrueller Problemen und bei Problemen der Menopause, wie z.B. Hitzewallungen, Müdigkeit, Hauttrockenheit etc. Der pharmakologisch nachahmende Effekt des Anis-Öls im weiblichen Zyklus mit seiner potentiellen Reduzierung von Symptomen der Menopause, Dysmenorrhoe etc. ist aufgezeigt worden. Eine 4-wöchige Teststudie bei 72 Frauen mit Hitzewallungen, die entweder einen Placebo oder eine Kapsel von 330mg Anis-Samen dreimal täglich einnahmen, ergab bei Anis-Einnahme eine nahezu 75% Reduktion in der Intensität und Häufigkeit von Hitzewallungen. https://www.healthline.com/nutrition/anise
„In einer klinischen Studie wurden von 180 weiblichen Studenten im Alter von 17-28 Jahren mit primärer Dysmenorrhoe anishaltiges Öl eingenommen, und zwar als Kapsel in Verbindung mit Sellerie und Saffran. Die Ergebnisse erbrachten eine signifikante Schmerz-Reduktion im Vergleich mit Versuchsgruppen, die entweder das obige pflanzliche Mittel oder Mefenamin-Säure verabreicht bekamen oder einfach als Placebo-Gruppe teilnahmen. Darüber hinaus zeigten die Ergebnisse auf, dass die pflanzlichen Kapseln im Hinblick auf Schmerz-Linderung besser abschnitten und bei der Behandlung primärer Dysmenorrhoe eine geeignete Alternative darstellen.“
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2221169115301726
Anis-Öl erleichtert Beschwerden der Atemwege
Mit seiner Eigenschaft, die Erregung der Flimmerhärchen innerhalb des Bronchial-Apparates bei Erkältung zu mindern, hilft Anis gegen Krampf-Husten. Süßigkeiten gegen Husten enthalten deshalb oft Anis-Öl. In Kombination mit Ammi visnaga Öl und Litsea-Öl wirkt Anis-Öl stark lindernd bei Bronchialasthma und pulmonalen Infektionen.
„Anishaltige Ölessenzen erweitern die Bronchien. Diese Wirkungen wurden mit der Anethol-haltigen Komponente im Anis-Öl in Verbindung gebracht, wo Anethol (250mg/kg) jegliche Proteinkonzentration, die Anzahl inflammatorischer Zellen verringerte, des Weiteren eine Entspannung der acetylcholin-sensiblen kontrahierten Gewebsschichten bei 60%-igen Vorkommen von trans-Anethol bewirkte.“ https://doi.org/10.1016/S2221-1691(15)30172-6 Rechte und Inhalte unter einer Creative-Commons-Lizenz erhaltenOpen Access
„Forschungs-Ergebnisse, wenn auch erst vorläufig, bestätigen demzufolge denn auch den ethnobotanischen Gebrauch von Anis-Samen bei der Behandlung von Infektionen der Luftwege, innerhalb derer die heilsamen Wirkungen dem Hauptbestandteil Anethol zugeschrieben werden können. Sie ermutigen zu weiteren Studien über die Wirkweise in Bezug auf das Atem-System.“ (siehe dazu auch im weiteren Artikel: https://www.researchgate.net/publication/323239780_Aniseed)
Anis verhindert Wachstum von Pilzen und Bakterien
Anis-Öl besitzt nachweislich Bestandteile mit antimikrobiellen und antimykotischen Eigenschaften.
„Eine Retorten-Untersuchung demonstrierte mit Anissamen und Anis-Öl die spezifische Wirkung gegen bestimmte Pilzkoloniearten, einschließlich Hefe und Dermatophyten, einem Pilz-Typ, der Hautreizungen verursachen kann. Anethol blockiert außerdem das Wachstum von Bakterien. In einer Testanordnung blockierte Anethol einen bestimmten Bakterienstamm der Cholerakrankheit, die durch massive Diarrhoe und Dehydratation klinisch gekennzeichnet ist.“ https://www.healthline.com/nutrition/anise
„Auszüge der Anispflanze zeigen überzeugende Eigenschaften antioxidativer und anti-mikrobieller Art, die ihr Heil-Potential für die Behandlung von Infektionen und freien Radikalen nahe legen. Die Ergebnisse veranschaulichen ebenso die Überlegenheit von Extrakten, gewonnen aus Samen, im Verhältnis zu Komponenten oberirdischer Pflanzenanteile. Außerdem verweisen die Ergebnisse auf den stärkeren Einfluss Ethanol-basierter Extrakte gegenüber wasserlöslichen Extrakten. Diese Untersuchung liefert wissenschaftliche Einblicke in die antioxidative und antimikrobielle Potenz von Anis.“ http://epj.eg.net/
Anis – ein Öl für innere Ruhe und Ausgeglichenheit
Nach ayurvedischem Verständnis wirkt Anis beruhigend bei vata-induzierter Nervosität und Unruhe und verhindert gleichzeitig das Zustandekommen lethargischer depressiver Tendenzen, die durch unausgeglichenes Kapha entstehen. Es belebt mentale Kräfte, und beruhigt Herzschlag und Emotionen. Seine bio-elektrische Energie verleiht Spannkraft und Vitalität, ohne eine übermäßige Erregung zu erzeugen. Empfohlen ist es auch als Inhalat aus ein paar Tropfen, gelöst in einer Tasse heißen Wassers, um Überspannung im Solarplexus zu lösen und die Energie des Nerven-Systems zu revitalisieren. Ein einziger Tropfen Anis-Öl in Honig und Milch vor dem Schlaf mag süße Träume befördern.
Die erdende Qualität von Anis, trotz seiner ätherischen Hauptnote, ist sprich-wörtlich durch die Tradition im alten Italien veranschaulicht, wo man die Pflanze gegen Epilepsie und Anfälle einsetzte: „Chi terrano in mano una pianta d´aniso, non saran molestati dal mal caduco.“, sinngemäß übersetzt „Wer Anis hält in seiner Hand, wird nicht vom Anfall übermannt.“ Dies zeigt auf schöne Weise die Kraft des Öls, Gegensätze zu vereinbaren, gemäß dem alten Heilprinzip „wie oben, so auch unten“.
Anis-Öl ist ätherisch-erdend im wahrsten Sinne des Wortes. Gewonnen aus den Samen, hat es eine natürliche Affinität zum Stoffwechsel- und Hormon- Kreislauf, verbunden mit Hypothalamus und der Hypophyse, die über die „Sekretion und Emotionen“ wacht. Mit über 90% Äther-Anteilen als seinen Hauptkomponenten, nimmt Anis-Öl eine harmonisierende und spirituell-vitalisierende Stellung unter den Heil-Ölen ein. Es befähigt uns zum Ausgleich der physischen und energetischen Bereiche unserer Existenz und befreit uns – in psycho-spiritueller Hinsicht – von der überwältigenden Macht negativer Emotionen wie Angst, Depression, Rachsucht, Frustration etc. In diesem Sinne lässt sich sagen: Anis-Öl hilft dem ätherischen (astralen ) Körper oder „Lichtkörper“ in uns, sich zu erden und innerliche Verwicklungen zu lösen, damit wir uns wieder „zu Hause“ fühlen können im Gleichklang mit unserem Leben und unserer Umwelt. Die tiefe Verbindung von Anis mit dem Akasha (Raum) wird auch verdeutlicht durch den starken Bezug zu unseren Ohren und dem Hörsinn, der laut Ayurveda mit dem Element des „Raums“ verbunden ist.
Anis-Öl sollte allerdings mit Kenntnis und Sorgfalt angewandt werden, so dass die ätherischen Eigenschaften seiner Komponenten unsere subtilen Energien zu erden und auszugleichen vermögen.